Hundeschule Gerlach - Sie und Ihr Hund: ein Leben im Team.

Der gebrauchte Hund - Hund mit Geschichte

Der gebrauchte Hund - Hund mit Geschichte
Viele Hundeliebhaber, die darüber nachdenken, (wieder) einen Hund in Ihre Familie aufzunehmen, möchten gern einen Hund nehmen, der entweder aus verschiedensten Gründen nicht mehr bei seiner bisherigen Menschenfamilie leben kann oder auf der Straße gelebt hat und nun in einem Tierheim oder einer sogenannten Tötungsstation sitzt.
Grundsätzlich ist es sehr schön, dass es viele Menschen gibt, die Fellnasen in oft sehr schwierigen Lebenssituationen ein besseres Leben bieten möchten. Es ist aber sehr wichtig, sich über darüber klar zu sein, dass man in vielen Fällen ein echtes Überraschungsei aufnimmt. Es gibt in unseren Tierheimen zahlreiche Hunde, die bereits bei uns in Familien gelebt haben und entsprechend sozialisiert sind. Manchmal ist der Tod oder eine schwere Krankheit des vorherigen Hundehalters der Grund für die Abgabe des Tieres. In vielen dieser Fälle klappt die Eingewöhnung in eine vergleichbare häusliche Umgebung schnell und ohne große Probleme.
Dann gibt es die Fälle, in denen der Hund abgegeben wurde, weil er unerwünschtes Verhalten gezeigt hat (Aggression, Zerstörungswut etc.) oder seine Besitzer in sonstiger Form mit der Haltung überfordert waren bzw. sich das Leben mit einem Hund doch irgendwie anders vorgestellt haben.
Wenn es über die Lebensumstände und das gezeigte Verhalten des Hundes nähere Informationen gibt, ist es auch hier in vielen Fällen für erfahrene Hundehalter gut möglich, diese Hunde aufzunehmen und das Zusammenleben für alle Beteiligten gut zu gestalten. Dazu gehört aber der Wille, sich mit diesem speziellen Lebewesen auseinanderzusetzen und vom ersten Tag an daran zu arbeiten, in der Vergangenheit entstandenen Problemen entgegen zu wirken und gezielt an den unerwünschten Verhaltensweisen des Hundes zu arbeiten.
In den letzten Jahren steigt die Zahl der Tierschutzorganisationen, die Hunde aus dem süd- oder osteuropäischen Ausland vermitteln und damit auch die Zahl, der auf diesem Weg hier aufgenommenen Hunde. Die Lebensumstände von Hunden in den Ländern dieser Region unterscheiden sich deutlich von den Lebensbedingungen, die unsere Fellnasen hier im (guten) Normalfall haben. Das betrifft sowohl die Hunde, die sich in Städten auf der Straße durchschlagen als auch die Hunde, die in Tierheimen leben. Wir alle kennen bedrückende Berichte und Videos, die für uns Tierliebhaber kaum zu ertragen sind und auch in mir den Wunsch wecken, sich sofort auf den Weg zu machen und möglichst viele diese armen Kreaturen aufzunehmen und aus diesen erbärmlichen Zuständen zu befreien.
Ich kann nur jeden Hundeliebhaber in dieser Situation bitten, sein Herz UND seinen Verstand zu benutzen, wenn es um die Entscheidung geht, einen Hund mit meist unbekannter Vorgeschichte aufzunehmen. Oft sind diese Fellnasen unkompliziert mit Artgenossen, fassen schnell Vertrauen zu ihren neuen Menschenfamilien und leben sich gut ein. Es gibt aber auch viele Fälle, in denen diese Hunde vielleicht schon mehrere Jahre als Selbstversorger auf der Straße verbracht haben oder durch traumatische Erlebnisse schwer oder überhaupt nicht für die neuen Besitzer erreichbar sind. Aus meiner Sicht ist der zentrale Punkt, die Lage dieser Hunde langfristig deutlich zu verbessern. Nichts ist unglücklicher, als die „Rettung“ eines solchen Hundes aus einer Tötungsstation, wenn es dann dem neuen Hundehalter nicht gelingt, eine stabile Beziehung zu diesem Vierbeiner aufzubauen und es aus vielfältigen Gründen zu einer erneuten Abgabe dieses Hundes kommt. Wenn wir uns für einen Hund mit unklarer Vorgeschichte und mit einem bisher vollkommen anderen Leben (z.B. allein oder in einer Hundegruppe auf der Straße) entscheiden, müssen wir ausreichend Zeit, Geduld, Wissen und Flexibilität besitzen, um diesem Hund wirklich langfristig zu helfen, FALLS er denn zu den komplizierteren Fällen gehört. Oft sind die bisherigen Erfahrungen mit Menschen nicht besonders positiv und es braucht viel Geduld und Zeit, wieder eine Basis für Vertrauen zum Menschen herzustellen. Manche Straßenhunde empfinden schon wirklichen Stress, wenn sie in einem Haus (also nicht im Freien) leben sollen. Das Alleine bleiben ist für viele Fellnasen schwierig, weil es eine Art von Eingesperrt sein darstellt (in einem Haus oder auch in einem Zimmer). Viele dieser Hunde sind naturgemäß sehr erfinderisch in der selbständigen Beschaffung von Futter – sei es durch ausgeprägtes Jagdverhalten, intensives Durchstöbern aller erreichbaren Mülltonnen oder hartnäckiges Stibitzen von Lebensmitteln von Tischen, Arbeitsplatten, aus Einkaufskörben etc. Wir sollten uns also gut vorbereiten, wenn wir uns für einen „Hund mit Geschichte“ entscheiden, damit aus GUT GEMEINT auch GUT GEMACHT wird.
Allen Mensch-Hund-Teams einen wunderschönen Herbst wünscht Susanne Gerlach mit Emma (für immer in meinem Herzen), Lucy und Joy

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